Glutathion (GSH) ist in fast allen pflanzlichen Zellen in hoher Konzentration enthalten und kann als eine Art Redoxpuffer angesehen werden, d.h. bestimmte aggressive Stoffe werden daran gebunden. Es ist an der Entfernung toxischer Peroxide wie Ozon beteiligt und unterstützt die Bindung von Schwermetallen in der Pflanze.
Phytosanierung – Reinigung von schadstoffbelastetem Boden (auch Wasser oder Luft) mit Hilfe von Pflanzen
Viele Pflanzen haben die Fähigkeit, in schadstoffbelasteten Medien (Boden, Wasser, Luft) zu wachsen. Sie nehmen die Schadstoffe zwar mit dem Wasser oder der Luft auf, haben aber Mechanismen entwickelt, sich vor der giftigen Wirkung der Schadstoffe zu schützen. So speichern sie diese in bestimmten Zellräumen von Wurzel, Stängel oder Blatt oder wandeln sie in unschädliche Substanzen um. Bei den Schadstoffen handelt es sich z.B. um Schwermetalle, Halbmetalle (Arsen), Pestizide, Sprengstoffe, Lösungsmittel, Salze oder Öle. Durch die Ernte entfernt man die in den Pflanzen angereicherten Schadstoffe. Häufig ist ein wiederholtes Anbauen und Ernten der Pflanzen nötig, um die Schadstoffe vollständig aus dem Boden zu entfernen.
Um Pflanzen die Fähigkeit zu vermitteln, Schadstoffe aufzunehmen und in unschädliche Substanzen umzuwandeln, werden auch gentechnische Methoden angewandt. So wurden Pappeln gentechnisch so verändert, dass sie einen erhöhten Glutathion-Gehalt aufweisen. Glutathion wird in den Zellen benötigt um Schwermetalle zu binden, so dass diese ihre toxische Wirkung verlieren. Pappeln lagern die so unschädlich gemachten Schwermetalle in ihren Blättern ab welche dann umweltneutral entsorgt werden können.
Quelle: www.pflanzenforschung.de
Im Folgenden wird aus einem sehr interessanten Artikel von Prof. Dr. Thomas Rausch, Botanisches Institut an der Universität Heidelberg, zitiert:
Wenn Pflanzen in Streß geraten
„Sie sind permanent Wind und Wetter ausgesetzt, müssen auf salzigen oder schadstoffbelasteten Böden wachsen, Fraßfeinde und Krankheitserreger abwehren: Auch Pflanzen leiden unter Streß. Um den Widrigkeiten des alltäglichen Pflanzenlebens zu trotzen, hat die Natur in die kleinste Baueinheit der Pflanze, die Zelle, molekulare Anti-Streß-Programme eingebaut. Da gibt es Moleküle, die wie Drehtüren arbeiten und schädliche Stoffe elegant aus der Zelle hinaustransportieren. Ein anderes Beispiel sind Eiweiße, die giftige Substanzen wie die Scheren eines Krebses in die „Zange“ nehmen und so daran hindern, Schaden anzurichten. Thomas Rausch vom Botanischen Institut schildert die spannenden pflanzlichen Strategien zur Streßbewältigung auf zellulärer Ebene und ihre überraschenden praktischen Anwendungsmöglichkeiten.
Pflanzen können nicht weglaufen. Nicht vor Hitze und Kälte, nicht vor Trockenheit und Ãœberflutung und auch nicht vor Schädlingen wie Viren, Bakterien, Pilzen oder Insekten. Pflanzen bleibt nichts anderes, als sich vor Ort zu wehren. Dazu müssen sie besondere Strategien entwickeln. Ein wichtiger Teil ihres Schlüssels zum Erfolg liegt bereits in ihrer Entwicklung: Pflanzen sind unglaublich regenerationsfähig. Wird eine Pflanze beispielsweise verwundet, produziert sie schützendes Abschlußgewebe und bald brechen neue Triebe hervor. Nahezu alle Organe einer Pflanze können nach den in ihren Erbanlagen festgelegten Informationen in Form neuer, identischer Module gebildet werden. Auch die häufig sehr große Zahl der Samen mit ihren ausgeklügelten Formen, die eine Verbreitung in neue Lebensräume garantieren, trägt zur Ãœberlebensfähigkeit der Pflanzen bei. Das einzelne Individuum aber ist seßhaft und muß alle Streßfaktoren an Ort und Stelle bewältigen. Jede Pflanze hat dazu bereits während ihrer Entwicklung eine Reihe „konstitutiver“ Abwehrmechanismen ausgeprägt. Hinzu kommt ein vielfältiges Spektrum an „induzierbaren“, das heißt, durch Streß auslösbaren Abwehrfaktoren.
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Auch Schwermetallionen, zum Beispiel Kadmium-Ionen, können in der Vakuole pflanzlicher Zellen entgiftet werden. Zunächst allerdings muß das in den Zellsaft eingedrungene Kadmium-Ion durch „Komplexierung“ unschädlich gemacht werden. Hierzu werden sogenannte Phytochelatine gebildet: Sie halten die Kadmium-Ionen gleichsam wie Krebsscheren fest und gelangen dann mit ihnen gemeinsam mit Hilfe bestimmter Transportproteine unter Energieverbrauch in die Vakuole. Phytochelatine sind untypische Proteine (Polypeptide): Sie werden nicht gemäß einer bestimmten Gensequenz gebildet, sondern entstehen durch die enzymatische Verknüpfung des Tripeptids Glutathion (GSH). GSH besteht aus den Aminosäuren Glutaminsäure, Cystein und Glycin. Die SH-Gruppe (Thiolgruppe) des Cysteinrestes im GSH-Molekül liegt im Zellsaft in der Regel reduziert vor. Bei Belastung mit sogenanntem „reaktiven“ Sauerstoff kann es jedoch zur Oxidation von zwei GSH-Molekülen zu GSSG kommen. GSH ist deshalb nicht nur für die Bildung von Phytochelatinen wichtig. Es trägt auch maßgeblich zum reduzierenden Milieu des Zytosols bei. Wenn aus GSH Phytochelatine hergestellt werden, geschieht dies durch eine sogenannte Transpeptidase-Reaktion, bei der immer ein Glycin-Rest abgespalten wird. Das fertige Phytochelatin hat daher die allgemeine Struktur (Gamma-Glutamyl-Cystein)nGlycin. In den gebildeten Phytochelatin-Kadmium-Komplexen ist das Kadmium-Ion von vier SH-Gruppen umgeben.
Unser Forschungsobjekt zur Aufklärung der zentralen Rolle von Glutathion für die Bildung von Phytochelatinen ist der Sarepta-Senf (Brassica juncea). Die Arbeitsgruppe von Ilya Raskin (Rutgers University, New Brunswick) hat bereits gezeigt, welche Anwendung diese Pflanze finden könnte: Sie könnte zur sogenannten Phytosanierung von schwermetallbelasteten Böden eingesetzt werden. Bei dieser sanften Strategie der Schwermetallentfernung nimmt die Pflanze die Kadmium-Ionen über die Wurzel auf. Von dort gelangt ein erheblicher Anteil in den Sproß, der abgeerntet und schadstoffarm verbrannt werden kann. Die Pflanze wird also als solarenergiegetriebener Schwermetallionen-Akkumulator genutzt. Erfreulicherweise werden in jüngster Zeit neue Ansätze zur Phytosanierung auch in Europa mit EG-Forschungsmitteln gefördert.
Wir wollen verstehen, wie die Glutathionsynthese in verschiedenen Streßsituationen reguliert wird. Dabei steht die Kadmium-induzierte Bildung der Phytochelatine im Vordergrund. Wie wir zeigen konnten, geht die erhöhte Bildungsrate von GSH unter Kadmium-Belastung mit der koordinierten Erhöhung der Aktivität einer ganzen Genbatterie einher: Da die GSH-Biosynthese auf die Aminosäure Cystein als Baustein angewiesen ist, führt eine Belastung der Zellen mit Kadmium-Ionen zu einer synchronen Aktivierung von Genen der Cystein- und der GSH-Biosynthese.
In pflanzlichen Zellen scheint die Biosynthese von GSH an verschiedenen Orten abzulaufen. Während man bisher annahm, daß nur das Zytosol und die Chloroplasten in den Blättern hinsichtlich der GSH-Synthese autark sind, fanden wir jetzt Hinweise darauf, daß die Biosynthese von GSH auch in weiteren Organellen der Zelle, den Mitochondrien und Peroxisomen, stattfinden kann. In der Arbeitsgruppe von Christine Foyer (Rothamsted Experimental Station, Harpenden) wurden kürzlich in genetisch veränderten Pappeln die GSH-Biosynthese-Gene des Bakteriums Escherichia coli (E.coli) zur Ausprägung gebracht, allerdings bisher nur im Zytosol beziehungsweise in den Chloroplasten. In den Pappeln wurde eine bis zu vierfach erhöhte Menge an GSH gefunden. Ausgehend von unseren eigenen Befunden wird auch zu klären sein, welche Auswirkung eine erhöhte Synthese von GSH in Mitochondrien und/oder Peroxisomen hat. Die entscheidende Frage, ob die Streßtoleranz der Pflanze über eine erhöhte GSH-Bildungsrate verbessert werden kann, ist zur Zeit noch nicht abschließend zu beantworten. …“
Quelle: Prof. Dr. Thomas Rausch, Botanisches Institut, Ruperto Carola, 3/2005 Universität Heidelberg [Link zur Publikation]